Kontinuier­liche Plan­anpassung

Ein Fallbeispiel, wieso es besser ist einen Plan zu haben und diesen immer und immer wieder anzupassen, als keine Planung aufzusetzen.

Herausforderung Planung

Ein Kunde trat mit einer besonderen Herausforderung an uns heran: Eine termingerechte Migration von rund 2'500 Benutzern, die auf Standorte in der ganzen Schweiz verteilt waren. Gearbeitet wurde bisher stationär mit Citrix und Festnetztelefon. Das Ziel war ein mobiles Arbeitskonzept mit Laptops und Skype. Anlass dafür war der Wechsel zu einem neuen Partner für den Betrieb der Infrastruktur.

Vorbereitet und bereits gut getestet war der technische Ablauf der Migration. Bis zu diesem Stand hat das Projekt alle Tätigkeiten erfolgreich erfüllt. Für den anschliessenden Rollout waren jedoch keinerlei detaillierte Planungen angestellt worden.

Die Deadline war rund drei Monate nach der ersten Diskussion mit den Projektverantwortlichen. Ein Vorgehensplan gab es zu diesem Zeitpunkt nicht, da verschiedene Verantwortliche Respekt vor einer Planung hatten. Sie befürchteten, dass jede Planung schnell obsolet werde, da sich die Situation zu rasch verändere und man auf viele unvorhergesehene Ereignisse reagieren müsse.

Wir waren anderer Meinung und durften entlang unserer Vorstellung das Projekt aufsetzen. Aufgrund der Komplexität des Vorhabens setzte jegliche Planung eine gute Datenbasis voraus. Personelle Veränderungen, die teilweise verzögert gemeldet wurden, sowie die Migration von Teams mit Gruppenmailboxen und vernachlässigten Zugriffsberechtigungen und daraus resultierenden unklaren Abhängigkeiten waren nur einige der Herausforderungen der Datenaufbereitung. Abhängigkeiten waren in grosser Anzahl und beliebiger Couleur vorhanden. Dies verkomplizierte die Planung einerseits, unterstrich jedoch auch die Notwendigkeit einer solchen, da diese Zusammenhänge nur mittels regelbasierter Prüfungen berücksichtigt werden konnten. Nach rund einem Monat Vorbereitungsarbeit mit einem etwa 10-köpfigen Team konnten wir schliesslich die notwendigen Daten bereitstellen. Zeitgleich wurden zudem Kommunikations- und Schulungsunterlagen gemeinsam mit der HR- und der Kommunikationsabteilung erarbeitet.

Der Plan stand, nach ersten Piloten konnte das Rollout in der Breite beginnen. Täglich wurden bis zu 100 Personen an bis zu vier Standorten parallel von der alten in die neue Welt migriert. Daran beteiligte sich ein Team von rund 40 Personen, wobei sich davon etwa 20 fast ausschliesslich um diesen Rollout kümmerten. Weitere unvorhergesehene Schwierigkeiten traten auf: Neue Laptops fehlten, Mitarbeiter waren nicht dort, wo sie erwartet wurden und Teamevents fanden an Rollouttagen statt. Der Kurzfristigkeit der Vorbereitung geschuldet konnten die Eventualitäten nicht vollumfänglich berücksichtigt werden.

Essenziell war jedoch stets die aufgestellte Planung: Sämtliche Veränderungen wurden in der zentralen Planung geführt, die sich aktiv entwickelte. Durch einen eingespielten Prozess mit klaren Verantwortlichkeiten und einer generalstabsartigen Befehlskette wurde die sehr volatile Situation jeweils rund 15-20 Stunden vor dem Beginn eines Rollout-Tages stabilisiert. Weiter in die Zukunft war die Planung weniger sicher. Weiterhin flossen jedoch sämtliche Informationen aus allen verfügbaren Quellen in die Planung ein. Geplantes und Erreichtes konnte auf die Zeitachse gelegt und so mit verschiedenen grafischen Hilfen rasch die Situation aufgezeigt werden, sodass Entscheide zügig gefällt und der Zwischenstand dem Management jederzeit rapportiert werden konnten.

Aus der zentralen Planung wurden wiederum verschiedene Artefakte extrahiert: Empfängerkreise für die vorbereiteten Mitteilungen, Statusberichte zuhanden des Managements, Teilnehmerlisten für die Trainer, die die Schulungen durchführten und als wichtigstes Element die Liste der Benutzer, die migriert werden mussten inklusive spezifischer Instruktionen für die technischen Teams.

Im Bereich der Kommunikation zeigte sich ebenfalls wie erwartet, dass der ursprüngliche Plan gut überlegt, jedoch in der Realität aufgrund der Notwendigkeit von kurzfristigen Anpassungen schwierig umsetzbar war. Die Planung ging davon aus, dass rund 2-3 Wochen vor dem Change die Teamleiter informiert wurden und anschliessend drei Mitteilungen an die Mitarbeiter erfolgten. Da jedoch kurzfristige Änderungen die Regel darstellten, wurden die Mitteilungen im Laufe des Projekts kontinuierlich überarbeitet und zusammengemischt, so dass jeweils die vollständigen Informationen an die betroffenen Mitarbeiter verteilt werden konnten.

Die Wichtigkeit einer Planung, die immer wieder an die Gegebenheiten angepasst wird, demonstriert dieses Projekt sehr gut. Bei Änderungen war es jeweils innert kürzester Zeit möglich, die Impacts aufzuzeigen und die Machbarkeit einer Planänderung zu beurteilen. Dadurch schlossen wir die Migration beim Kunden sogar einige Tage vor dem geplanten Datum ab. Alle Benutzer konnten mit der neuen Lösung arbeiten und die Basis für darauf aufbauende Folgeprojekte war gelegt.

Methodik

Die Realität lässt sich meistens nicht auf dem Reissbrett abschliessend beschreiben. Anstelle einer hochdetaillierten Planung ist vielmehr die Methodik der Planung der zentrale Erfolgsfaktor. So hatte in diesem Projekt die Planung zum Zeitpunkt des Projektabschlusses nichts mehr mit der ursprünglichen Planung zu tun, die Methodik der Planung blieb jedoch durchwegs gleich.

Durch bewusste Flexibilität im Planungsprozess ist es möglich, neu gewonnene Erkenntnisse adäquat zu berücksichtigen. Die Planung muss gleichzeitig alle Abhängigkeiten aufzeigen, sodass bei einer Änderung schnell beurteilt werden kann, welche notwendigen Begleitmassnahmen getroffen werden müssen.

Diese Art der Planung benötigt verschiedene Voraussetzungen:

  • Eine gute Datenbasis ist zentral. Je mehr Daten zu einem bestimmten Thema vorhanden sind, desto präziser kann die Planung erfolgen und desto besser und kurzfristiger können Entscheide gefällt werden, da die Auswirkungen stets klar ersichtlich sind. Da die Datenbasis typischerweise über die Zeit wächst und auch die Zusammenhänge besser verstanden werden können, gewinnt die Planung über die Zeit an Qualität. Diese Tatsache muss im Planungsprozess berücksichtigt werden können.
  • Die Bereitschaft des Managements resp. der Auftraggeber hinzunehmen, dass der Plan sich laufend entwickelt und nicht von Anfang an die Antwort auf alle Fragen liefern kann.
  • Eine klare Organisation mit geregelten Zuständigkeiten und kurzen Kommunikationswegen stellt sicher, dass zwischen der Finalisierung der Planung und dem Beginn der Ausführung möglichst wenig Zeit verstreicht und Abstimmungen auf einem Minimum gehalten werden können.

Mit Eckpunkten starten

Dies bedeutet jedoch nicht, dass die Planung vollkommen frei erfolgen soll: Eckpunkte müssen zu Beginn definiert und eingehalten werden. Die feinen Details, die oft den Unterschied ausmachen, können zu Beginn weniger ausdefiniert sein und sich dann laufend entwickeln, wenn sie benötigt werden. Es sollte zudem stets das aktuellste Wissen in die Planung einfliessen.

Nebenbei bemerkt: Das Planungsdokument im vorgestellten Projekt war ein Excel-File, welches Teams in der Vertikalen und die Zeitachse in der Horizontalen führte. Dazu gab es ein zweites Excel-File, welches Daten aus verschiedenen Quellen aggregierte und die Auswertungen für die verschiedenen Konsumenten bereitstellte. Die notwendigen Daten wurden aus Access- und SQL-Datenbanken gelesen, welche jeweils als «Single source of truth» geführt wurden. Die Daten in diesen Datenbanken wurden, wenn immer möglich, vollständig automatisiert aktualisiert, so dass die Fehlerquote möglichst tief gehalten wurde. Automatisierung ist hierbei ein weiteres wichtiges Thema.